Die FMH* meldet: Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz nimmt kontinuierlich zu. 2024 arbeiteten 42 602 Ärzte in der Schweiz, davon ca. 2000 Chefärzte.
Ein Plus von 3,7% oder 1502 Ärzte mehr als 2023.
Ärzte sind unsere Helfer. Haben wir Schmerzen, «fressen wir ihnen aus der Hand», und weil wir vor ihnen unsere Hosen runterlassen, haben wir zu ihnen blindlings Vertrauen, und das allermeistens zu recht.
Sie sind für uns lebenswichtig und sie geniessen – auch in den allermeisten Fällen – unsere volle Sympathie.
Sie sind - merkantil gesprochen - «Mangelware» und im Wirtschaftsliberalismus können sie die Marktlage ausnützen und Preise verlangen, die - auch wiederum in den meisten Fällen – ein hohes, zum Teil ein sehr hohes Einkommen generieren. Bei Hausärzten spricht man von einem Einkommen von 300'000 Franken, bei Chefärzten von 500'000 Franken an aufwärts und viele Streiten im Bekanntenkreis, wer über eine Million schon schaffe. Ich verkehrte im Zusammenhang mit einem Projekt einige Zeit in Arztkreisen und staunte darüber, wie oft von grossen und steigenden Umsätzen, Umsatzpotentialen, Massnahmen und wiederum gesteigerten Umsätzen die Rede war.
Herr S., damaliger Spitaldirektor ad interim in Affoltern a.A. sagte mir 2015, dass Ärzte wunderbare Menschen und hochkompetente Berufsleute seien, aber wenn es ums Geld gehe, halt leider auch unersättlich.
Psychologisch gesehen könnte man dazu sagen, dass engagierte Berufsleute dann auf die Lohntüte drücken, wenn sie das Gefühl haben, beruflich wenig oder zu wenig geschätzt zu werden, zu geringes Prestige zu erlangen. Ob wir den Ärzten zu wenig Lob und Anerkennung entgegenzubringen vermögen, kann ich nicht beurteilen. Ich meinerseits attestiere allerhöchste Zuneigung und Hochachtung, aber das Einkommen von Chefärzten finde ich nicht nur übertrieben, sondern schlimm. Da besteht akuter Änderungsbedarf.
Ärzte verfügen gegenüber den Patienten ein übergrosses Machtpotential. Sie können im Rahmen der Symptombekämpfung im Gespräch mit dem Patienten darüber verfügen, was an Massnahmen alles zu erfolgen habe, welche und wie viele Pillenpackungen sie zu kaufen hätten und wie oft sie in die Konsultation erscheinen müssten oder sollten usw.
Ich war unter vielem anderem lange Zeit Spielwarenhändler. Hätte ich damals meinen Kunden gegenüber so verfahren können wie ein Arzt, hätte ich der Mutter im Laden sagen können: «Sie brauchen für die Fortentwicklung Ihres Kindes eine Puppenstube, wo es Rollenspiele lernen oder einüben kann. Dazu brauchen Sie Puppenhausmöbel, kleine Püppchen und obendrauf sollten sie alle paar Monate noch weitere ergänzende Zutaten zum Puppenhaus hinzukaufen, damit das Ganze interessant bleibt und das Kind mehrere Jahre damit spielt. Unter einem Einkauf von rund tausend Franken hätte sie den Laden nicht verlassen.
Mit anderen Worten, so alleinherrschend, mit Einfluss auf das eigene Nettoeinkommen können nur Ärzte verfahren. Selbstbestimmt, selbstsicher und mit Überzeugen, denn sie sagen zum Patienten direkt oder indirekt: «Du wirst nur dann gesund, wenn du gehorchst und das absolvierst, was ich dir sage.»
Da Kontrollmechanismen einzubauen ist eine schwierige Sache, die noch immer der Lösung bedarf. Bis das so weit ist, haben wir nur darauf zu hoffen, dass die behandelnden Ärzte voller Disziplin Selbstbeschränkung üben und wir haben ihnen zu vertrauen.
Aber eines müsste uns zu denken geben:
Weltweit gesehen war das medizinische Wissen und Können noch nie so gross, wie gerade heute, in diesem Moment, aber noch nie, wirklich noch nie waren so viele Menschen krank. Und dieser Tatsache sollten wir nachgehen und jeden Tag daran denken und uns fragen, wo der Hund, oder vermutlich wo die Hunde begraben sind.
Fazit: So lange da keine Klarheit herrscht, sollten wir eher vom Krankenwesen und nicht vom Gesundheitswesen reden, denn unser derzeitiges Gesundheitswesen scheint uns krank zu machen oder uns krank zu halten.
Und: Wir neigen dazu, zu wenig auf unseren Körper zu achten, der auch in Krankheiten zu uns spricht, wenn wir nicht schon vorher seine feinen Signale wahrnehmen.Unser Körper ist unser bester Freund. Vergiss das bitte nie, auch du hast einen Freund, dein Körper.
*) FMH = Foederatio Medicorum Helveticorum, oder in unserer Landessprache für Normalsterbliche: Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte, also ein Berufsverband, kurzum die Gewerkschaft der Schweizer Ärzte.